Pfarrer Dr. Holger Saal, der bis zum 01.06.24 die Pfarramtliche Vakanzvertretung in Naurod übernimmt, hat am 21. April seinen ersten Gottesdienst in Naurod gehalten. Seine pfarramtliche Heimat ist die Marktkirche in Wiesbaden, direkt neben dem Dekanat.
Für die Nauroder Kirchengemeinde ist es mühselig, sich mit unbesetzter Pfarrstelle sonntags immer wieder auf eine Pfarrerin/Pfarrer oder Prädikantin/Prädikanten einstellen zu müssen. Aber es birgt auch Chancen, ‚andere‘ als die gewohnte Pfarrerin oder den gewohnten Pfarrer im Gottesdienst und bei der Predigt zu erleben und hören!
Pfarrer Saal machte das, was er uns in seiner Predigt zur Apostelgeschichte 17,22ff: „Paulus auf dem Areopag“ anbot. Er holte die Gemeinde ab.
Die theologisch sehr gut ausgefeilte Predigt nahm die Zuhörer*innen von Beginn an mit.
Pfr. Saal berichtet als 14-jähriger zum Austausch in London gewesen zu sein. Seine Gasteltern nahmen ihn mit in den Hydepark. Nun ja, dachte er sich, ein Park für einen 14-jährigen, hat London denn nichts anderes zu bieten? Sie kamen an den Punkt, der ‚Speakers Corner‘ genannt wird. In diesem Bereich kann eine Jede oder Jeder seine Rede halten. Ein älterer Herr mit Melone stand dort auf seiner Apfelsinenkiste und zog die Zuhörer in seinen Bann. Worum es ging, daran erinnerte sich Prf. Saal nicht mehr. Aber die Zuhörenden unterbrachen den Redefluss mit bejahenden Zwischenrufen ‚Yeah‘! Als er fertig war, applaudierte die Menge, er nahm seine Kiste und ging.
Ganz wie Paulus im Predigttext. Paulus steht in Athen auf dem Areopag, einer kleinen öffentlich genutzten Anhöhe, und spricht zu den ihm Zuhörenden – nicht etwa herablassend, weil er die vielen Altäre der unterschiedlichsten Gottheiten sah, denen die Athener huldigten, sondern ihre Religiosität lobend. Er hatte auch einen Altar für die „unbekannte Gottheit“ entdeckt (V.23: Denn ich bin umhergegangen und habe eure Heiligtümer angesehen und fand einen Altar, auf dem stand geschrieben: Dem unbekannten Gott. Nun verkündige ich euch, was ihr unwissend verehrt) und knüpfte daran an, sprach vom christlichen Gott, aus dem wir leben, und von der Auferstehungsgeschichte Jesu. Pfr. Saal meinte, dank dieser Rede säßen wir heute in der Kirche und hören einer Predigt zu. Die Areopag-Rede des Paulus sei sozusagen die Initialzündung gewesen, denn Paulus konnte viele Menschen vom Wirken Jesu überzeugen.
Auch wenn wir, so Pfr. Saal, oft die Welt und das Wirken Gottes nicht verstehen, so ist er uns doch nahegekommen und hat sich uns durch Jesus Christus gezeigt, blieb eben nicht im Verborgenen. Und das Kreuz auf jedem Altar erzählt eben diese Geschichte, dass Gott in unsere Welt kam, um uns zu erlösen. Auch wenn er keine Kriege und Leid und Krankheit verhindert, so ist er in der Gestalt seines Sohnes immer mitten unter uns. Er freut sich mit uns, er ärgert sich mit uns, er leidet mit uns, so ist er uns immer nahe. Und heute, am Sonntag Jubilate sei dies aller Ehre wert, darüber zu predigen. Und es war eine Hoffnung schenkende Predigt!
Unser Organist Herr Marquardt brachte ein für die Orgel umgeschriebenes Stück des Barockkomponisten Georg Friedrich Händel: „The Arrival of the Queen of Sheba“ meisterlich zum Klingen, und entließ uns mit seinem mitreißenden Spiel in den Sonntag Jubilate.
Martin Maurer