Im Jahr 2005 entstanden durch junge Künstlerinnen und Künstler der Fachhochschule Wiesbaden Gemälde zu biblischen Botschaften von sogenannten “vergessenen Heiligen”. Sie fokussierten sich auf Heilige, die in der evangelischen Kirche in Vergessenheit geraten waren, und die in vielerlei Hinsicht auch einen Bezug zur Nauroder Kirche haben.
Die Aktion wurde initiiert vom Arbeitskreis “Kirche & Kunst”. Im Rahmen des 275-jährigen Kirchenjubiläums wurden diese sechs Bilder zu Laurentius, Bernhard v. Clairvaux, Martin v. Tours, Maria Magdalena, Lydia und Christophorus in der Nauroder Kirche aufgehängt.
Maria Magdalena (Künstlerin: Mireille Jautz)
Maria Magdalena wurde durch Jesus von starker Besessenheit geheilt, begleite ihn dann durch Galiläa und diente ihm.
„Halte mich nicht fest. Noli me tangere.“ Diese Worte sagt Jesus zu Maria Magdalena, als er ihr nach Ostern im Garten begegnet, so berichtet es das Evangelium.
Maria Magdalena wird gerne als erste Jüngerin Jesu bezeichnet, weil sie die erste war, die an jenem Ostermorgen zum Grab eilte. Und weil sie die erste war, die Jesus als den Auferstandenen erfahren hat. Sie war auch bei ihm, als er am Kreuz starb, sie ist ihm sprichwörtlich nachgefolgt bis zu seinem Tod.
Und dann sucht sie ihn. Geht in den Garten, wo sein Grab ist und findet ihn nicht. Der tote Körper ist weg. Aber sie rennt nicht davon, bleibt da, lässt ihre Trauer zu und weint. Und dann erzählt die Bibel von dieser Begegnung zwischen Christus und Maria – der erste Dialog mit Auferstandenen, den sie für den Gärtner hält. „Frau, warum weinst du? Wen suchst du?“, fragt Jesus, so als wüsste er nicht, worum es geht. Maria ist immer noch ahnungslos. „Man hat meinen Herrn weggenommen. Warst du es, wo ist er jetzt? Ich will ihn holen“. Er aber nennt nur ihren Namen: „Maria“. So als würde er sagen: „Maria, erkennst du mich nicht?“
Ganz vertraut nennt sie ihn: „Meister, Rabbuni“. Will ihn berühren, festhalten. Bleib da, so scheint sie ihm sagen zu wollen. Dann kommt die Antwort Jesu: „Halte mich nicht fest, Noli me tangere“, – wie es im Lateinischen heißt – „Lass mich los. Ich bin noch nicht zum Vater hinaufgegangen.“
Hl. Martin (Künstler: Thomas Reinert-Lange)
Im Jahr 334, mit gerade einmal 18 Jahren, war Martin als Gardeoffizier in Amiens stationiert. Was sich in dieser Zeit zutrug, verbinden wir bis heute mit dem Heiligen St. Martin.
Mitten im bitterkalten Winter traf der Soldat Martin auf einen bettelarmen Mann am Stadttor von Amiens. Der Bettler war der Kälte schutzlos ausgeliefert, er hatte weder Schuhe noch warme Kleidung. Immer wieder bat er die vorbeigehenden Menschen um Hilfe, doch keiner hatte Mitleid mit dem armen Mann.
Da wusste Martin, dass er dem Bettler helfen musste. Außer seinem Soldatenmantel und seinem Schwert trug er jedoch nichts bei sich. Kurzerhand nahm er das Schwert und teilte seinen warmen Mantel mitten entzwei.
Die eine Hälfte gab er dem Bettler, der voller Dankbarkeit über den warmen Mantel war. Martin versuchte, sich in die verbliebene Mantelhälfte zu hüllen. Darüber spotteten die umstehenden Soldaten und verhöhnten Martin wegen seines erbarmungswürdigen Aussehens. Doch Martin kümmerten Spott und Hohn nicht – er wusste, dass er das Richtige getan hatte.
In der folgenden Nacht hatte Martin einen Traum. Jesus Christus erschien ihm und er war in Martins halben Mantel gehüllt. Er dankte Martin für seine Güte, Selbstlosigkeit und Nächstenliebe.
Martin ließ sich daraufhin taufen, und wurde auch mit weiteren Taten ein großes Vorbild.
Hl. Laurentius (Künstlerin: Isabel Amann)
Der Legende nach wurde Laurentius in Spanien geboren und kam in jungen Jahren nach Rom, wo er zum Priester geweiht wurde. Der römische Bischof Sixtus II. bestellte ihn zu einem der sieben Diakone der Christengemeinde in der Stadt Rom. Als solcher war Laurentius für die Finanzen und die Sozialarbeit der Kirche von Rom zuständig. Als Bischof Sixtus II. während einer Christenverfolgung im Jahr 258 unter Kaiser Valerian festgenommen und enthauptet wurde, war sein Diakon Laurentius der Überlieferung nach verzweifelt, dass er nicht wert erachtet wurde, diesen Tod zu teilen. Sixtus tröstete ihn mit der Verheißung, dass er ihm in drei Tagen nachfolgen werde und erteilte ihm den Auftrag, den Kirchenschatz den Leidenden und Armen auszuteilen.
Kaiser Valerian erfuhr davon und erhob Anspruch auf diese Schätze. Um Laurentius zur Herausgabe zu zwingen, ließ er ihn mehrfach geißeln. Laurentius erbat sich drei Tage Bedenkzeit, die ihm der Kaiser gewährte. Während dieser Frist verteilte er die Güter an die Armen, Lahmen und Blinden. Nach den drei Tagen zog er mit diesen zum Palast und präsentierte dort dem Kaiser die beschenkten und christlich gewordenen Armen als die wahren Schätze der Kirche. Der erboste Valerian ließ Laurentius mit Bleiklötzen schlagen, zwischen glühende Platten legen und versuchte, ihn zum heidnischen Opferdienst zu zwingen.
Als er sah, das dies vergeblich war, befahl er schließlich, den Unerschütterlichen über stetig unterhaltenem Feuer auf einem Rost Langsam zu Tode zu martern. Selbst in diesen Qualen bewahrte er sich seinen Humor und neckte den Henker, er solle ihn auf dem Feuer wenden, der Braten sei auf der einen Seite schon gar. Daraufhin wendeten die Folterknechte seinen gemarterten Leib mit eisernen Gabeln. Noch einmal erhob sich Laurentius zu einem Letzten Stoßgebet gen Himmel und verschied. Sein Kerkermeister Hippolytus, durch die Standhaftigkeit des Laurentius bekehrt, begrub ihn.
Die erste Kirche Naurods war die Laurentiuskirche auf dem heutigen Friedhof. Sie verfiel und Naurod wurde protestantisch. Der Rost des Hl. Laurentius ist im Nauroder Wappen abgebildet.
Hl. Christophorus (Künstler: Frank Burhenne)
Christophorus war ein kräftiger und mutiger Mann, so groß und stark wie ein Riese. Er wollte dem mächtigsten Herrn der Welt dienen, deshalb machte er sich auf die Suche nach ihm. Als erstes fand er den König eines gewaltigen Königreichs. Christophorus stellte seine Kräfte unter die Herrschaft dieses mächtigen Mannes. Eines Tages kam ein Musikant an den Hof des Königs. Eines seiner Lieder nannte den Teufel beim Namen. Darüber erschrak der König. Christophorus sah, dass dieser Angst hatte. Deshalb verließ er ihn, um dem Teufel zu dienen, der noch größer sein musste als der König. Eines Tages kam er mit dem Teufel an einem Christuskreuz vorbei. Der Teufel machte einen weiten Bogen darum. Christophorus war verwundert, dass der scheinbar mächtigste Herr der Welt dem Kreuz auswich. Der gekreuzigte Christus jagte dem Teufel große Angst ein. So verließ Christophorus auch den Teufel, um Christus zu suchen, der sogar noch mächtiger sein musste. Lange Zeit suchte er ihn. Ein Einsiedler sagte ihm, er solle fasten und beten. Aber das gelang dem bärenstarken Christophorus nicht. So zeigte der Einsiedler ihm einen anderen Weg zu Christus: „Kennst Du den großen Fluss, in dem viele Menschen umkommen, wenn sie hinüber wollen? Du bist groß und stark, Christophorus. Setze Dich an den Fluss und trage Menschen hinüber und warte. Ich wünsche Dir, dass Du Christus dort begegnest.“ Christophorus antwortete: „Das kann ich tun. Dadurch will ich ihm dienen.“ Christophorus baute eine Hütte und wartete am Fluss. Viele Jahre lang trug er Menschen sicher durch den Strom an das andere Ufer. Dabei stützte er sich auf seinen Stab. Eines Tages hörte er eine leise Stimme: Er erblickte ein Kind, das um Hilfe bat. Christophorus trug es auf seinen Schultern durch den Fluss. Schritt für Schritt wurde es ihm schwerer und schwerer. In der Mitte des Flusses drohte er zu ertrinken. Mit großer Mühe schaffte er es an das andere Ufer. Er wandte sich dem Kind zu: „Du warst mir so schwer, als ob ich die ganze Welt auf meinen Schultern trug.“ Das Kind antwortete ihm: „Du hast mehr als die ganze Welt auf den Schultern getragen, Christophorus. Du hast den mächtigsten Herrn getragen, nämlich den, der Himmel und Erde erschaffen hat. Denn ich bin Christus, dem du in dieser Arbeit dienst. Als Zeichen nimm deinen Stab und stecke ihn neben deiner Hütte in die Erde. Er wird am Morgen blühen und Früchte tragen.“ Christophorus ging zurück zu seiner Hütte und steckte seinen Stab in die Erde. Als er am Morgen aufwachte, trug der Stab Blätter und Früchte.
Lydia (Künstlerin: Anne Wibke Müller)
Sie wurde als „erste Europäerin“ von Paulus im heutigen Nordgriechenland in Philippi mit ihrem ganzen „Haus“ getauft.
Sie war eine der ersten Gemeindeleiterinnen und dadurch bedeutende Glaubenszeugin. Als Geschäftsfrau und Führungskraft gestaltete sie wesentlich die Stadt und Gemeinde der damaligen Zeit. Philippi lag an einem wichtigen Kreuzungspunkt der damaligen Handelsstraßen. Es wurden Stoffe hergestellt und gefärbt. Vor allem für Purpurstoffe war diese Stadt bekannt.
Im Jahr 49 reiste Paulus per Schiff nach Philippi, um hier eine neue christliche Gemeinde zu gründen. Der Brief an die Gemeinde von Philippi in der Bibel gibt noch heute davon Zeugnis. Der Evangelist Lukas hat in der Apostelgeschichte auch die Aktivitäten des Paulus festgehalten und beschreibt im 16. Kapitel die Bedeutung der Unternehmerin und Purpurhändlerin Lydia in Philippi und die Taufe von ihr und allen, die in ihrem Haus wohnten.
Ihr Haus war es dann auch, wo die junge christliche Gemeinde zum Gebet und Gottesdienst zusammenkam. Diese Hauskirche war Keimzelle für neue christliche Gemeinden.
Hl. Bernhard (Künstlerin: Katrina Lange)
Der Heilige Bernhard von Clairvaux (1090-1153) war einer der bedeutendsten Mönche des Zisterzienserordens, Abt, Kirchenlehrer und Mystiker.
Bernhard lebte die Askese, die er von seinen Mönchen verlangte, selbst so entschieden, dass er sich durch seine Härte und sein stetes Fasten ein unheilbares Magenleiden zuzog, dem er schließlich auch erliegen sollte. Sein scharfer Geist und seine feurige Art machten ihn zur einflussreichsten Persönlichkeit des Jahrhunderts: Er bereitete Synoden und Konzilien vor, kämpfte gegen Irrlehren und bekämpfte heftig den Rationalismus des Petrus Abaelard. Als es zwei Päpste gab, verschaffte er dem rechtmäßigen die Anerkennung, kritisierte aber auch scharf die Verweltlichung des römischen Papsttums und predigte mit großem Erfolg den zweiten Kreuzzug.
Bernhards suggestive Kraft war so stark, dass sogar die Menschen in Deutschland sich von seiner Predigt mitreißen ließen, obwohl sie seine Sprache nicht verstanden. Selbst der deutsche König Konrad III. ließ sich zu Weihnachten 1146 im Dom von Speyer von der Kreuzzugspredigt Bernhards begeistern und heftete sich das Kreuz der Kreuzfahrer an.
Als dann der Kreuzzug, zu dessen Teilnahme Bernhard in ganz Europa aufgerufen hatte, durch Korruption und Fehlplanung kläglich scheiterte, nahm er demütig die Schuld dafür auf sich.
Im Mittelpunkt seiner Liebe steht Jesus Christus. Bislang verehrte man Christus vor allem im Bild des unnahbaren Weltenherrschers, nun verlagert Bernhard die Akzente, indem er das konkrete Menschsein Christi verehrt. Die Niedrigkeit des menschgewordenen Gottessohnes, sein Hinabsteigen in die Krippe, in die Entbehrungen des menschlichen Lebens, in die Qual des Kreuzes – das entflammt die Liebe Bernhards: „Jesus kennen, Jesus den Gekreuzigten, das ist der Kern meiner Philosophie.“
Die Christusfrömmigkeit Bernhards ist sehr affektiv, gemütsbetont und emotional, sein Predigt- und Redestil ebenso, sodass er später als Doctor mellifluus, als honigfließender Lehrer, tituliert wird.